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23.04.2021 - 10.07.2021

Jiajia Zhang – If Every Day Were a Holiday, Towns Would Be More Mysterious

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Wir freuen uns, die erste umfassende Einzelausstellung von Jiajia Zhang mit dem Titel If Every Day Were a Holiday, Towns Would Be More Mysterious zu präsentieren.

Wäre jeder Tag ein Ferientag, wären Städte mysteriöser untersucht Zeit als referentielle Grösse für das Verständnis unserer Welt. Zeit als Einteilung in Einheiten, in Arbeitsstunden und Freizeittage etwa, aber auch Zeit als gelebte Erfahrung. Gerade angesichts der aktuellen Pandemie bewegen wir uns schon seit einem Jahr in einem fortwährenden Zustand zwischen Passivität und Aktion. Es ist dieser ambivalente Zwischenraum, der Jiajia Zhang interessiert: „Zwischen dem Gang nach draussen und dem Rückzug ins Eigenheim, zwischen dem Eintreten als Gast und der Ablehnung als potentieller Virusträger, zwischen Frischmachen und Zerknittern, zwischen Eröffnung und Absage“.

Das Wegfallen vermeintlicher Gewissheiten einer Welt im (Un-)Gleichgewicht und das Ende einer Epoche der Beschleunigung, in der wir gerade noch lebten, umkreist Jiajia Zhang in ihrer Ausstellung in der Coalmine mittels Fotografie, Film und einem installativen Setting bestehend aus Video und Bällen. Die Frage ist nicht, wann wir wieder in die alte Normalität zurückkehren werden, sondern viel eher, in welcher neuen Ordnung wir leben wollen.
Einerseits schöpft die Künstlerin für die Ausstellung aus ihrem Archiv an Fotografien, die aus der Beobachtung des öffentlichen Raumes auf Reisen in Städte und aufs Land entstehen (etwa in Shanghai, Berlin, New York). In einem sehr präzisen Auswahlprozess stellt sie Motive unterschiedlichster Herkunft zueinander in Beziehung. Etwa das Rendering einer Parkanlage auf einer grossen Plastikplane, die Skulptur eines Popstars, eine Kinderpuppe, ein Mädchen in Denkerpose. Teilweise freigestellt vor einfarbigem Hintergrund sind die einzelnen Motive losgelöst von ihrem ursprünglichen Kontext und entfalten ein fiktives narratives Potential. In der Ausstellung treten diese Bilder in einen Dialog mit Textbildern, die alle um den Begriff der Zeit in seinen verschiedenen Facetten kreisen: emotional contagion, crisis script oder After Hour. „Zeit als emotionale Verkettung, als Krisen-Drehbuch, wortwörtlich als Nach-Stunde – Zeit als unsichtbarer Faden, der sich in gesellschaftliche, ökonomische, psychologische und auch mysteriöse Bereiche einwebt“, wie die Künstlerin schreibt.

Die Fotografien befinden sich in einer Art Vakuum, einem isolierten Zustand, der zeit- und ortlos ist, und nur ausschnitthaft auf Erinnerungen an eine Vergangenheit oder Ausblicke in mögliche Zukünfte verweist. Klar verortet sind hingegen die beiden Textarbeiten, die Bezug nehmen auf Permanent Vacation – Jim Jarmuschs Porträt eines driftenden Jugendlichen im New York der 1980er Jahre – und Emily in Paris, der Netflix-Produktion über eine junge Marketing-Angestellte in der spätkapitalistischen Gegenwart. Die vierzig Jahre dazwischen sind es, auf die Jiajia Zhang in den Endlosloops kritisch verweist, indem die Folgen der Gentrifizierung, der Selbstvermarktung, der technologischen Dominanz unserer Leben und der konstanten medialen Überforderung augenscheinlich werden.

Auch in der Videoinstallation Is Sun still or moving? (2021) verwebt Jiajia Zhang verschiedene Bildsprachen zu einer dichten Reflektion über die abstrakte Grösse der Zeit. Angelegt als Tagebuch mit Zitaten aus der Werbung, Wissenschaftsliteratur und Prosa und unterlegt mit Video Game-Soundtracks folgt das Video einer fiktiven Bewegung um die Sonne.

Jiajia Zhangs Arbeiten changieren zwischen der Dokumentation der Wirklichkeit und dem Ausloten von Fiktion als narratives und poetisches Element. Fragmente der Realität werden auf ihr fiktives und utopisches Potential befragt. Mittels Ineinanderfliessen, Wiederholen, Auf- und Abtauchen der Bilder und Texte innerhalb der Ausstellung – aber auch über verschiedene Werke und weitere Ausstellungen hinweg – schafft Jiajia Zhang so ein neues Narrativ, welches konventionelle Lesarten von Bildern und Geschichte(n) herausfordert. Ihre Bildwelten bleiben dabei gleichzeitig persönlich als auch generisch, und sie verweisen auf unterschiedliche Räume (private, öffentliche, imaginäre) sowie auf die unsichtbaren Transaktionen in der Welt des Sichtbaren.

Jiajia Zhang lebt und arbeitet in Zürich. Sie studierte von 2001–2008 Architektur an der ETH in Zürich und absolvierte ihren Master of Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK). Ausstellungen umfassen u.a. Fondation d’entreprise Pernod Ricard, Paris; Almusibli ̀ve; Follow You Follow Me, Haus Wien mit Cherish; Sommer des Zögerns, Kunsthalle Zürich (2020); Product Placement, Coalmine, Winterthur (2019).

Aktuelle Infos und ergänzende Beiträge zu den Ausstellungen sowie eigens konzipierte Online-Arbeiten finden Sie hier.