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11.04.2014 - 11.07.2014

At War. Kriegsfotografien der Pulitzer-Preisträgerin

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«Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt.» Anja Niedringhaus. Ihre Fotos kennt man, ohne es zu wissen. Sie erscheinen weltweit auf den Titelseiten von Tageszeitungen und Zeitschriften und prägen unser Bild von Krisen und Kriegen. Ob Kroatien, Serbien, Kosovo, Bosnien, Irak, Afghanistan, Libyen oder Israel – seit 20 Jahren fotografiert Anja Niedringhaus (*1965 in Höxter, wohnhaft in Genf) mit eindringlicher Schonungslosigkeit das Leid und Elend weltweit. Als eine der wenigen Frauen in diesem Bereich der Reportagefotografie dokumentiert sie die menschlichen Tragödien und tiefen Spuren, die die Gewalt hinterlässt. Ihre Arbeit zeigt Hoffnung und Menschlichkeit.

Nach zwei Jahren Sport- und Gesellschaftsfotografie wurde Anja Niedringhaus 1992 von der European Pressphoto Agency (EPA) nach Sarajewo in den Jugoslawienkrieg geschickt. Für die EPA bereiste sie während über zehn Jahren Osteuropa. 2002 wechselte sie zur Nachrichtenagentur Associated Press (AP) mit Sitz im Genf. Seither war sie an vielen Kriegs- und Krisenschauplätzen dieser Welt zu finden: Palästina, Afghanistan, Kuweit, Irak und Libyen.
 2005 erhielt sie als erste deutsche Frau den Pulitzerpreis, den wichtigsten amerikanischen Journalistenpreis, in der Kategorie Nachrichtenberichterstattung für ihre Aufnahmen aus dem Irak, sowie den International Women’s Media Foundation Courage in Journalism Award (IWMF). Die Sujets, die Anja Niedringhaus einfängt, reichen von repräsentativen Momenten über Krieg und Leid bis zu Gewalt, Zerstörung und Tod. In ihren Fotografien finden sich Gefühlsregungen, die man nachvollziehen kann – Stolz, Zärtlichkeit, Zuneigung, Wut, Trauer und Enttäuschung, manchmal auch Lachen und Leichtigkeit inmitten in der Not. Die Bilder sprechen eine Sprache, die so einfach ist, dass sie jeder versteht. Nicht einfach ist es hingegen, sich mit den Geschehnissen auf den Bildern abzufinden. Erschöpfung, Verzweiflung und Anspannung zeichnen oftmals die Gesichter. Immer steht der Mensch im Vordergrund – Soldaten, eine strapazierte Zivilbevölkerung, Gefangene. Die Fotografin begegnet ihnen mit Neugier und Verständnis, nie verletzt sie ihre Würde. Im Interview mit Ulrike Timm sagt sie: «Mein Anliegen ist es, die Menschen zu zeigen. Es geht mir nicht um die Militärmaschinerie, sondern was danach passiert, nachdem geschossen wird. Deswegen ist die Frontlinie für mich der uninteressanteste Punkt.»

In den Medien taucht sie als Autorin fast gar nicht auf, wenn die Fotografien in Tageszeitungen, Magazinen oder im Internet verwendet werden. Genannt wird meist nur das Kürzel «AP». Die Ausstellung erlaubt es hingegen, vor ihren Bildern zu stehen und sie ganz unmittelbar für sich zu erschliessen. Viele ihrer Fotos werden in den Zeitungen farbig gedruckt. Sie selber bevorzugt Schwarz-Weiss. Es sind die Grau-, Schwarz- und Weisstöne auf kontrast- und nuancenreichem Fotopapier, welche die Bilder in eine fast greifbare Sinnlichkeit tauchen. Das komponierende Auge der Fotografin erfasst beispielsweise einen immensen Himmel. Ein niedriger, dicht über dem Bildrand ansetzender Horizont ist von Panzern rhythmisiert. Auf dem mittleren stehen zwei Soldaten, winzige Figürchen. Wir befinden uns im Süden Israels (Januar 2009). Das Bild wirkt monumental, losgelöst von seiner tatsächlichen Grösse.

Anja Niedringhaus geriet mehrmals unter Beschuss, 2010 musste sie nach einem Handgranaten-Angriff auf eine Soldatenpatrouille in einem afghanischen Dorf verletzt ausgeflogen werden. Trotzdem möchte sie nicht aufgeben, hat keine Zweifel an ihrer Mission, dem Fotografieren: «Ich hätte nichts Anderes machen wollen.» Zum Ausgleich fotografiert sie bei Sportereignissen, besonders gerne beim Tennisturnier in Wimbledon. Wenn sie kann, zieht sie sich in das alte Forstamt bei Kassel zurück, lebt bodenständig und idyllisch mit Nachbarn, der Familie ihrer Schwester und deren Kindern. Mit ihren Fotos aus weltweiten Krisengebieten will Anja Niedringhaus ein Stück Aufklärung betreiben. Ihre Bilder sind eine Aufforderung, den Krieg zu stoppen. Und wenn sie den Krieg auch nicht mit Fotos stoppen kann, will sie wenigstens zeigen: Er ist immer noch da, aber er darf nicht alltäglich werden.

Die Ausstellung zeigt rund 40 Aufnahmen, die in den letzten zehn Jahren in Afghanistan, Gaza, Libyen und dem Irak entstanden sind. Erstmals ausgestellt wird in Winterthur auch die farbige Serie der «Voters»: Sie entstand am 10. November 2013 in einer Moschee in Kabul, in der sich afghanische Wahlberechtigte für die kommenden Wahlen registrierten. Die Ausstellung wird von Sascha Renner kuratiert. Alle Bilder dürfen nur im Zusammenhang mit dieser Ausstellung verwendet werden, unter Angabe des Copyrights: Anja Niedringhaus/AP