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20.10.2017 - 23.12.2017

Looking for Lenin

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Vernissage: Donnerstag, 19. Oktober 2017, ab 18.30 Uhr
19 Uhr Einführung mit Niels Ackermann, Sébastien Gobert und Kurator Sascha Renner

«Lenin ist immer lebendig. Lenin ist immer mit dir.» Seit der bolschewistischen Revolution von 1917 war diese Hymne stets mehr als ein leerer Slogan. Die Figur des Revolutionsführers war während des 20. Jahrhunderts allgegenwärtig. Doch im Jubiläumsjahr, in dem Russland den hundertsten Jahrestag der Oktoberrevolution begeht, will die Ukraine nichts mehr davon wissen. Das Land, ehemals ein Pfeiler des Sowjetimperiums, vollendet seine «Entkommunisierung»: Seit Ende 2016 steht in der Ukraine keine der rund 5’500 Statuen mehr, die früher das Land überzogen. Wo sind sie geblieben?

Niels Ackermann und Sébastien Gobert haben sich auf eine tiefgründige Spurensuche gemacht. Was sie zeigen, ist nichts weniger als ein Psychogramm der Ukraine: ein Blick in die Seele eines gespaltenen Landes auf seinem Weg in eine ungewisse Zukunft. Lenin ist von den Plätzen verschwunden. Sein Gesicht thront nicht mehr über den U-Bahn-höfen. Sein Name wurde aus den Topografien der Städte getilgt. Dieses plötzliche Verschwinden wirft mehr Fragen auf, als es Antworten gibt. Welche Bedeutung hat diese Entkommunisierung? Wie wird sie im Kontext des Kriegs im Osten des Landes umgesetzt? Wer verbindet welche Motive und Absichten damit? Und wie bewerten die Ukrainerinnen und Ukrainer das Erbe Lenins und die von ihm geprägte Geschichte? Um diese Fragen zu visualisieren, haben sich der Fotograf Niels Ackermann und der Journalist Sébastien Gobert auf die Suche nach Lenin begeben. Seit Sommer 2015, eineinhalb Jahre lang, waren sie unterwegs, um die Ukraine auf der Suche nach Steintrümmern und Metallfragmenten zu durchkämmen. Was als einfache Reise unter neugierigen Freunden begann, verwandelte sich in eine atemlose Recherche, ein Abenteuer voller Überraschungen in einer aufgewühlten Ukraine.

Jede Statue, jedes Fragment und jedes Denkmal, das Niels Ackermann und Sébastien Gobert zum Vorschein brachten, erzählt eine eigene Geschichte. Hier auf einer Müllhalde, dort in der Umkleide eines Atomkraftwerks, hier Bestandteil einer Privatsammlung, dort in Darth Vader verwandelt – alle Fundstücke künden auf ihre Weise vom spannungsvollen Umgang der Ukrainer mit ihrer Vergangenheit. Mit einer Sammlung von Fotografien, reich an dokumentarischer und symbolischer Kraft, erstellen die Autoren ein typologisches Verzeichnis der Entkommunisierung. Damit verbinden sie die Absicht, die Herausforderungen der Erinnerungsarbeit in diesem Land auf der Suche nach sich selber verstehbar zu machen. Lenin ist tot, Lenin ist nicht mehr mit den Ukrainern. Doch sein Name lastet schwer auf der Gegenwart und Zukunft der Ukraine.

Die Ausstellung wird kuratiert von Sascha Renner. Die Ausstellung wurde realisiert in Zusammenarbeit mit der Fotostiftung Schweiz, Winterthur, und den Rencontres d’Arles. Mit Unterstützung der Schweizerischen Eidgenossenschaft und von Pro Helvetia, Schweizer Kulturstiftung. Postkarten von Lenin-Denkmälern in der Ukraine: Courtesy FUEL Design and Publishing Archive.
Katalog: Looking for Lenin, Verlag Noir sur Blanc, 2017 (französische Ausgabe); Fuel Publishing, 2017 (englische Ausgabe); erhältlich im COALMINE Café.

Biografien

NIELS ACKERMANN
Geboren 1987 in Genf, Schweiz. Lebt und arbeitet zwischen Genf (Schweiz) und Kiew (Ukraine). nack.ch
Parallel zu seinem Studium der Politikwissenschaften an der Universität Genf begann Niels Ackermann 2007 für die Schweizer und internationale Presse zu arbeiten. Für «L’Ange Blanc» (Weisser Engel), seine Reportage über die Jugend nach Tschernobyl, erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Rémi-Ochlik-Preis der Stadt Perpignan oder den Swiss Press Photo Award. Er wurde auf verschiedenen Festivals und Ausstellungen in China, Frankreich, den Niederlanden und der Schweiz gezeigt. Er ist Mitbegründer der Westschweizer Fotografenagentur Lundi13.

SÉBASTIEN GOBERT
Geboren 1985 in Lagny-sur-Marne, Frankreich. Lebt und arbeitet in der Ukraine. nouvellesest.com
Sébastien Gobert hat während vieler Jahre als unabhängiger Journalist den postkommunistischen Raum auf ausgedehnten Reisen durchstreift. Seit 2011 hat er sich in der Ukraine niedergelassen und arbeitet insbesondere als Korrespondent für Libération, Radio France Internationale, Le Monde diplomatique und La Tribune de Genève. Seine Arbeit wurde 2013 mit dem Preis Writing for Central and Eastern Europe ausgezeichnet. Er unterhält den Blog «Nouvelles de l’Est. Récits d’Ukraine et d’ailleurs» (Neues aus dem Osten. Erzählungen aus der Ukraine und von anderswo). Er ist Gründungsmitglied der Agentur Daleko & Blisko.